Großeltern zu haben ist eine feine Sache, besonders wenn sie nett zu einem sind und man alles darf. In der Regel hat man 2 Paar von Ihnen, einmal väterlicher- und einmal mütterlicherseits. Bei mir war es anfangs genauso.

Leider kann ich mich an vieles, was ich mit Ihnen erlebt oder Sie mir gesagt haben, nicht mehr ganz genau erinnern, da ich noch sehr klein war. Zum Glück gibt es meine Eltern, die mir immer mal etwas von damals erzählen.

Meistens fangen die Gespräche wie folgt an:

Mutter: Weißt Du noch damals, als die Oma zu Dir gesagt hatte………
Ich: Neeeee sorry weiß ich nicht mehr.
Mutter: Klar weißt Du das noch, da hast Du noch zur Oma gesagt das……
Ich: Neeee sorry, weiß ich wirklich nicht mehr!
Mutter: Aber dass Du das…… zu Ihr gesagt hast, das weißt Du noch, oder?
Ich: Nein MUTTER, auch das weiß ich nicht mehr!!!
Vater: Woher soll das denn unser Junge noch wissen, da war er erst 3 Jahre alt
Mutter: Naja gut, ich erzähle es Dir…

Ich muss jedes Mal Schmunzeln, wenn eine Konversation so anfängt, dann weiß ich im Vorfeld schon, wie es Endet, aber genau das Liebe ich auch so an meinen Eltern, man weiß einfach was man an Ihnen hat.

Aber jetzt zurück zum Thema Großeltern.

Oma Frieda und Opa Rudi

Wie bereits in einem anderen Blogbeitrag erwähnt (Meine neue Heimat – das Bürgerheim), wohnten meine Großeltern, also die Eltern meines Vaters direkt neben uns, Tür an Tür im Bürgerheim. Mein Opa Rudi war der Chef und Hüter des Bürgerheims und meine Oma Frieda die Wirtschaftsleiterin und ins geheim die „eigentliche Chefin“ wie es bei Frauen in einer Beziehung oftmals so ist. Beide ergänzten sich super, die Schwächen des einen waren die Stärken des anderen. Krank sein, Fehlanzeige! Solange ich die beiden gekannt habe, wurden alle Wehwehchen unter den Tisch gekehrt, egal wie schlecht es Ihnen wirklich ging. Ganz anders als unsere heutige mimimi Generation, mich nicht ausgeschlossen.

Opa Rudi und Oma Frieda

Man konnte gefühlt zu jeder Tages- oder Nachtzeit kommen, immer waren Sie am Arbeiten und Schreiben. Gerade meine Oma kannte ich entweder nur stehend in der Großküche oder sitzend am großen runden Stubentisch, umgarnt von unzähligen Listen, Blättern und noch mehr förmlichen Schreiben.

Wenn man sich abends heimlich und leise in Ihre Stube geschlichen hat, habe ich Sie ganz oft schlafend vor Erschöpfung zwischen Dienstplänen, mit dem Kopf auf dem Tisch erwischt. Sobald sie mich aber vernommen hatte, war sie hellwach und freundlich. Auch wenn die Zeit knapp war, Zeit genommen hat sie sich immer für mich.

Hatte man Hunger, egal zu welcher Uhrzeit, wurde man verköstigt, ohne Murren und Barmen. Ausgenutzt habe ich es nie, geschmeckt hat es trotzdem immer.

Ihr Mann, also mein Opa war wie bereits erwähnt „The Boss“ und musste zusammen mit meiner Oma den „Laden“ am Laufen halten. Mein Opa war ebenfalls ein ganz lieber, auch wenn ich manchmal, fälschlicherweise etwas Angst vor ihm hatte. Ich glaube ich war einfach noch zu klein, um ihn und sein Wesen zu verstehen. Mit der Zeit habe ich dann gemerkt, wie er tickt und alles war in Butter. Zusätzlich zu seiner „The Boss“ Tätigkeit, hatte er einen großen Garten mit allem möglichen Viehzeug. Unter anderem waren da Katzen, Hasen und ich glaube auch Schafe dabei. Es war mir immer ein Vergnügen, gemeinsam mit ihm auf große Fütterungstour zu gehen. Durch diese kleinen Exkursionen habe ich mich immer mehr an ihn herangetastet. Ich war so stolz, welches Kind konnte schon von sich behaupten, mitten in der Stadt zu wohnen und dennoch Tiere und Grün um sich zu haben.

Opa Rudi und ich

Oma Else und Opa Paul

Dann gibt es noch die Großeltern mütterlicherseits. Leider kann ich auch hier meist nur von Erzählungen berichten.

Opa Paul und Oma Else

Mein Opa Paul arbeitete als Heizer und Maschinist in der ansässigen Ziegelei. Oma Else war tagsüber Hausfrau und Mutter damit Sie sich um Ihre Kinder und Enkel kümmern konnte, abends hingegen besserte Sie die Haushaltskasse bei der Genossenschaft als Reinigungskraft auf. Beide waren absolute Familienmenschen und gaben Ihr „letztes Hemd“ für Ihre Liebsten. Sie hatten immer ein offenes Ohr für alle und jeden.

Mein Opa übernahm am liebsten kleine Reparaturen an der Wohnung selbst, kein Raum war vor ihm sicher. Egal ob das instand setzen von Geräten oder das Renovieren der eigenen vier Wände. Typisch für ihn war dabei das herzliche Pfeifen, dann wusste man, es macht ihm Spaß und es geht ihm gut. Meine Oma war die Spezialistin für die Hausmannskost. Egal ob Schnitzel, Roulade oder Ente, sie konnte alles und das sogar sehr gut. Verhungern musste im Hause „Böhlke“ niemand. Wurde das Geld oder das Essen knapp, wurde lieber selbst etwas weniger zu sich genommen, Hauptsache den anderen ging es gut. Wenn es die Finanzen zugelassen haben, trank mein Opa gern mal ein Schnäpschen, am liebsten aber in der Runde seine Familie.

Mein Vater war der Schwiegersohn, der Lieblingsschwiegersohn nach meiner Einschätzung. Ab und an gingen die beiden Männer angeln. Mein Opa konnte es oftmals nicht erwarten, bis es so weit war und da war es wieder das Pfeifen. War ein Termin für 16 Uhr ausgemacht, schaute er meist schon 15 Uhr fix und fertig angezogen mit Hut aus dem Fenster. Es könnte ja sein, dass der Peter schon etwas eher kommt…

Ich selbst durfte im Hause Böhlke als kleines Kind fast alles, nichts ging zu weit und alles war ok. Klein-Büblein, wie ich genannt wurde, war der kleine Liebling. Ausgenutzt habe ich das nie, aber beruhigend war es trotzdem. Ich kann mich noch etwas dran erinnern, dass ich in der Stube Ball gespielt hatte und dann passierte es: Der Ball flog im hohen Bogen gegen die Lampe und von da in Richtung Glastür des Schrankes. Meine Eltern schauten mich mit bösen Blicken an, meine Großeltern blieben dabei ganz ruhig und sagten: Ach lass doch das „klein-Büblein“, er hat es doch nicht mit Absicht gemacht. Für mich persönlich war es das erste und das letzte Mal, dass ich bei Oma und Opa Fußball in der Stube gespielt habe. Somit habe ich auch ohne Konsequenzen etwas für das Leben gelernt.

Fazit

Bei vielen Familien mit Kindern ist es so, dass man bei Oma und Opa mehr darf als zu Hause in den eigenen 4 Wänden und das ist gut so. Kinder brauchen Ihren Platz und die Möglichkeit Dinge zu probieren und Grenzen zu testen.

Leider habe ich meine Großeltern nicht lange um mich herum gehabt, ich hätte gerade mit dem Wissen von heute noch so viele Fragen an sie gehabt. Ihr Leben bestand aus Krieg, Arbeiten und Familie. Trotz aller Schwierigkeiten haben Sie niemals aufgegeben, haben eine ordentliche Einstellung zum Leben gehabt und wunderbare Kinder bekommen. Sie hatten viel weniger als wir jetzt und waren dennoch zufriedener und glücklicher als die heutige Generation. Vielleicht genau deshalb.

Die Zeit, die ich mit meinen Großeltern hatte, war eine sehr schöne und dankbare. Auch durch Sie habe ich für mein Leben gelernt. Ich erinnere mich gern an die Zeit mit Oma Frieda, Opa Rudi, Oma Else und Opa Paul zurück. Vielleicht blicken Sie gerade jetzt auf uns von oben herab und sind stolz auf das, was Ihre Kinder und Enkelkinder aus Ihrem Leben gemacht haben.

Ich zumindest bin stolz, solche Großeltern gehabt zu haben. Irgendwann sind wir wieder alle vereint, aber das hat definitiv noch sehr viele Jahre Zeit.

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